Na gut, im Juli habe ich gar nicht alle "Plastikfreithemen" geschafft, die ich vor hatte...
Aber ich mach trotzdem weiter :-)
Anfang letzten Monats hatte ich ja beschlossen, nur Volumenvliese (Battings) für Quilts ohne Plastik zu vernähen.
Bei meiner Suche nach plastikfreien Battings gab es zwei großes (und oft versteckte) Hindernisse und die haben mit dem Herstellungsprozess von Vliesen zu tun.
Grob gesagt gibt es hier zwei Arten, Fasern dazu zu bringen, sich zu einem Vlies zu verbinden:
Mechanische Verbindung und chemische Verbindung- ich nenne das jetzt "bonden"
Beim mechanischen Bonden werden die verwendeten Fasern mit vielen feinen Nadeln mit Wiederhaken genadelt- wie beim Trockenfilzen von Wolle, das ihr vielleicht kennt. Durch das Nadeln verhaken sich die einzelnen Fasern und bilden eine verzahnte Fläche mit einer gewissen Stabilität.
Die Stabilität eines Vlieses kann erhöht werden, indem die Fasern mit einem hauchdünnen Polypropylen Netz vernadelt werden, dem sogenannten "scrim". Der Vorteil ist, dass sich das Material weniger dehnt oder verzieht. Die Quiltabstände können größer sein und es kann eventuell auch unverarbeitet vorgewaschen werden.
Der Witz ist, dass Volumenvliese gerne 100% Baumwolle heißen, aber mit scrim sind! Und damit nicht kunststofffrei...
Beim chemischen Bonden werden
entweder den Vliesfasern hauchfeine, bei niedriger Temperatur schmelzende Poly- (-ester, -propylen, -ethylen) Fasern beigemischt, Nach dem Kardieren (Ausrichten der Fasern), kommt das Vlies durch einen Ofen, in dem die Poly- Fasern schmelzen und dabei die Vliesfasern optimal verkleben. Das heißt thermisches Bonden.
Oder die Fasern werden hauchfein mit Harz "besprüht", was bei der weiteren Verarbeitung dazu führt, dass sie stabil aneinander haften. Das heißt dann "resin bonded" und soll vor allem das Durchfasern (bearding) verhindern.
Tatsächlich ist es so, dass der Einsatz von Kunststoff in Volumenvliesen Vorteile bringt: es lässt sich leichter verarbeiten, ist stabiler, lässt sich besser waschen, fasert nicht durch.
So bleibt echt nicht viel übrig, wenn man Volumenvliese streng auf Plastik untersucht.
Hier eine kleine Liste bekannter Vlieshersteller und ihrer Volumenvliese aus Naturmaterialien:
Hobbs: Baumwollvlies ohne scrim (Wollvlies geharzt, Seidenvlies geharzt)
Warm Company: Baumwollvlies ohne scrim
Quilters Dream: Baumwollvlies ohne scrim, Bambus-Mischung (Wollvlies thermisch gebonded)
Pellon: Baumwollvlies ohne scrim (Wollvlies thermisch gebonded)
Matilda's own: Bambusvlies (Wollvlies mit scrim, Baumwollvlies mit scrim)
Vlieseline: es gibt ein reines Baumwollvlies, aber ich werde noch nachfragen, ob es geharzt ist (Soya-Baumwollvlies mit scrim)
Ich bin echt frustriert, dass alle Wollvliese mit Kunststoff sind!
So, nun zu den plastikfreien Volumenvliese, die ich selbst verwendet habe:
Pellon natural Cotton Batting ohne scrim
Ein reines Baumwollvlies. Die sind ja eher dünn, was ich aber gerne mag. Es ist schön weich und hat einen angenehmen Fall. Es lässt sich gut verarbeiten und auch Handquilten (habe ich mir sagen lassen ;-) ) Die Quiltabstände sollten maximal 10 cm betragen. Es soll ca 3-5 % eingehen.
Und das ist ein Punkt, der mich experimentieren lässt: ich mag es nicht so gerne, wenn mein Quilt durch das Einlaufen beim Waschen einen "vintage look" erhält. Deshalb habe ich begonnen, Volumenvliese vorzuwaschen, obwohl es meistens nicht empfohlen wird...
Gerade Vliese ohne stabilisierenden scrim sind natürlich mit Vorsicht zu genießen. Aber ich habe es probiert: in die Waschmaschine, bei 30° im Handwaschgang (da gibt es wenig Bewegung, was wichtig ist!), Schonschleudern und dann auch noch in den Trockner. Da hab ich Hitze gegeben, damit es auch einläuft, wenn es will. Wollte es: ganze 7% ist mein Vlies geschrumpft. Tatsächlich haben sich die Fasern an manchen Stellen verschoben, Löcher hat es aber keine bekommen.
So habe ich es dann auch fröhlich zu einem Quiltsandwich verarbeitet. Klebespray habe ich keines verwendet! (Bei einigen Vlies-Herstellern habe ich jetzt gelesen, dass sie es auch nicht unbedingt empfehlen.) Als Rückseite habe ich einen feinen Baumwoll-Voile genommen.
Gequiltet habe ich einfach gerade Linien in Abstand von 9 cm. Und dann ging es nochmal in die Waschmaschine und in den Trockner- diesmal mit geringer Hitze.
Oh, und ich finde, der Quilt ist richtig gut geworden! Das Vlies ist nicht mehr groß eingegangen, hat einen leichten Bausch, einen schönen Fall und ist wunderbar kuschelig. Der Voile auf der Rückseite gibt sein übriges für einen wirklich angenehmen Quilt!
Noch ein plastikfreies Volumenvlies habe ich probiert: Das "Bamboo Batting" von Quilters Dream (bis vor kurzem hieß es "Orient batting").
Das ist eine Mischung aus Bambus, Baumwolle, Seide und Tencel- echt eine edle Sache. Das wollte ich für einen Sommerquilt aus meinen Bee-Blöcken vom letzten Jahr :-).
Vorgewaschen habe ich nicht, weil keine große Schrumpfung angegeben war. Auch dieser Quilt hat einen luftigen Voile als Rückseite. (Der ist breiter, da muss ich nicht stückeln. Außerdem will ich wissen, ob das Vlies da durchfasert.)
Als er fertig war, habe ich ihn auch gleich gewaschen, aber nur luftgetrocknet. Da ist nichts eingegangen. Auch er fühlt sich wunderbar luftig und kuschelig an! Ich bin sicher, er ist perfekt, um in heißen Sommernächten darunter zu schlafen! (der Test steht aber noch aus- wir haben eher so um die 15° und da ist mir der Quilt zu frisch)
Ehrlich gesagt haben mir die Recherchen zu den vorherigen "plasitkfrei" Posts mehr Spaß gemacht.
Krauseminzewasser als Bügelhilfe
Die Sache mit den Vliesen finde ich jetzt eher frustrierend.
Trotzdem bin ich froh, dass die plastikfreien Volumenvliese, die ich habe, echt schön sind!